Textil als künstlerisches Material

Ein Gespräch mit der Kuratorin der Ausstellung „KUNST – STOFF“, Kristin Schrader

Die Herstellung und Verarbeitung von Stoff als flächenbezogene Masse gehört zu den ältesten Kulturtechniken der Menschheit. Der historische Bogen, den diese Präsentation spannt, reicht von der Webereiwerkstatt des Bauhauses über die Fiber Art Bewegung und das textile Gestalten in den 1960er und 1970er Jahren bis zur Emanzipation des Kunst-Stoffs von der angewandten Kunst. Tradierte Techniken wie Weben und Knüpfen stehen neben plastischen Arbeiten von raumgreifenden Dimensionen. Aus feministischer, interkultureller und ökologischer Perspektive wird Kleidung zum Ausgangspunkt künstlerischer Auseinandersetzung. So heißt es im Katalog: „Stoffe sind so eng verknüpft mit emotionalem Erleben und persönlichen Erfahrungen. Zugleich bringen Textilien individuelle, soziale und kulturelle Identitäten zum Ausdruck, sei es durch tradierte handwerkliche Herstellungstechniken, überlieferte Muster und Schnitte oder die Orientierung an wechselnden Moden. Vor allem Kleidung vermittelt zwischen Privatem – dem eigenen Körper – und Öffentlichem – der fremd- oder selbstzugeschriebenen Zugehörigkeit zu einer Gruppe.“

 

Der dem Katalog entnommene, leicht kalauernde Satz, dem zufolge Stoff berührt wie kein anderes Medium, wird in seiner Doppeldeutigkeit bei einem Gang durch die Ausstellung offenbar. Und es gehört zu den Überraschungen in dieser in Zusammenarbeit mit der Kunsthalle Vogelmann / Staatliche Museen Heilbronn entstandenen Schau, dass das Verhältnis der beteiligten Künstlerinnen zu den beteiligten Künstlern in etwa gleich groß ist. Zu sehen sind Werke von Magdalena Abakanowicz, Anni Albers, Sophie Taeuber-Arp, Meret Oppenheim, Gunta Stölzl, Joseph Beuys, Robert Morris, Michelangelo Pistoletto, Sigmar Polke, Claes Oldenburg, Timm Ulrichs, Rosemarie Trockel und vielen anderen.

Eckhard Fürlus: Die erste Frage muss natürlich lauten: Wie kam es zu der Ausstellung? Es ist ja eine Kooperation.

Kristin Schrader: Ja, die Ausstellung haben wir gemeinsam mit der Kunsthalle Vogelmann von den Städtischen Museen Heilbronn entwickelt. Dort bildet sie das Final einer Trilogie zu ungewöhnlichen Materialien in der Bildhauerei. Zuvor wurden Papier und Glas vorgestellt. Der große Schwerpunkt in Heilbronn ist das Skulpturale, der Ernst-Franz-Vogelmann-Preis wird an renommierte Künstlerinnen und Künstler wie Ayşe Erkmen oder Gregor Schneider verliehen. Als unsere künstlerische Direktorin Lisa Felicitas Mattheis vom Projekt zum Textilen von der Heilbronner Kuratorin Barbara Martin erfuhr, war für sie klar: da machen wir mit. Denn die Hinwendung zum Textilen im 20. Jahrhundert erweitert nicht nur den Skulpturenbegriff, sondern auch den Bildbegriff. Und das ist für uns in Emden als Malerei-Museum ungemein fruchtbar.

Eckhard Fürlus: Aber diese Fragestellung bietet sich natürlich an nach der Materialität, nach dem, was Weiblichkeit ist und so weiter.

Kristin Schrader: In der Tat, neben den gattungsspezifischen Fragen entfaltet sich ein ganzes Kaleidoskop an Themen, von denen die Codierungen des Textilen als weiblich ein zentrales ist. Dabei geht es natürlich um Weiblichkeit im Sinne des sozialen Geschlechts, das heißt, es geht um gesellschaftliche Zuschreibungen an die Frau, wie die Sorge und Pflege der Familie, die Festlegung auf den Innenraum etc. Eine Künstlerin wie Rosemarie Trockel bezieht sich auf diesen kulturgeschichtlichen Kontext und invertiert ihn. Bei dem maschinell produzierten Strickbild Freude von 1988 geschieht dies beinahe wortwörtlich: Wir sehen ein Muster im Stil Delfter Fliesen und darunter spiegelverkehrt wiedergegeben das Wort „Freude“. 

Eckhard Fürlus: Was mich erstaunt hat, ist zuerst mal die Tatsache, dass es doch eine ganze Reihe von Künstlern, nicht nur Künstlerinnen gibt, die sich mit dem Textil als künstlerischem Material befasst haben. Und – waren Sie selbst überrascht?

Insofern wusste ich, dass die 1960er Jahre eine sehr fruchtbare Zeit für die Frage nach dem Textilen in der Kunst gewesen sind.
— Kristin Schrader

Kristin Schrader: 2021 hatte ich das Glück am Neuen Museum Nürnberg eine Ausstellung von Keith Sonnier kuratieren zu dürfen. Sonnier gilt als Pionier der Videokunst und ist vor allem für seine Arbeiten mit Licht berühmt. Seine Werke der 1960er Jahre aber sind stark vom Textilen geprägt und werden mit den Strömungen des Postmodernismus und der New Sculpture in Verbindung gebracht. Damals wollte man dem dominanten Minimalismus etwas entgegensetzen, indem man mit kunstuntypischen Materialien wie Latex, Blei, aber eben auch mit Stoffen, wie Satin, Tüll, Mulltuch, das Verhältnis von Wand zu Boden thematisierte. Dafür hat man sich die Schwerkraft zu eigen gemacht und die Kunst im wahrsten Sinne von ihrem Sockel geholt. Insofern wusste ich, dass die 1960er Jahre eine sehr fruchtbare Zeit für die Frage nach dem Textilen in der Kunst gewesen sind. In unserer Ausstellung ist Robert Morris, bei dem Sonnier studierte, mit einem seiner berühmten Felt Pieces zu sehen. Auch hier geht es prominent um die physikalischen Eigenschaften, das Werk hängt von der Wand und staucht auf dem Boden auf. Morris ist berühmt für seine Begriffsprägung „Anti Form“. Damit verbinden sich Chaotisierung, das Zulassen des Zufälligen und die formale Unabgeschlossenheit. Was das konkret bedeutet, wird am Material Stoff besonders deutlich. Das Arrangieren von Morris’ Filzarbeit obliegt zum Beispiel den Ausstellenden, die dabei relativ frei sind.

Eckhard Fürlus: Ja, eine eigentlich ganz starke Arbeit; die gefällt mir sehr gut.

Michelangelo Pistoletti, Metamorfosi

[…] Und die zeigen, warum das Textile heute nicht allein interessant, sondern inhaltlich virulent ist. Da geht es um Fragen der Produktion hinsichtlich der Abhängigkeitsverhältnisse, um koloniale Ausbeutungs- und Gewaltstrukturen. Es geht um ökologische und konsumkritische Aspekte.
— Kristin Schrader

Eckhard Fürlus: Wie gingen Sie vor bei der Auswahl der beteiligten Künstlerinnen und Künstler? Das ist natürlich eine Frage, die mich ganz stark interessiert.

Kristin Schrader: Die Programmatik beider Häuser mit ihren Schwerpunkten Skulptur und Malerei hat sicherlich den Fokus geschärft für Positionen, die in der Kunstgeschichte wesentlich mit Textil als Material beide Gattungen weiterentwickelten. Zum Beispiel die französische Künstlergruppe Supports/Surfaces, die in den 1960er Jahren die Bildlichkeit über die Materialität untersucht hat. Da gibt es beispielsweise bei André-Pierre Arnal keinen Keilrahmen mehr, Stoffe werden gerissen, gefaltet, besprüht und hängen lose. Die Komposition ergibt sich nicht mehr allein aus dem Farbauftrag, sondern aus der Handhabung des Stoffs und dessen Eigenschaften. Gérard Deschamps hat als Vertreter des Nouveau Réalisme für seine Bilder die Farbe durch industrielle Stoffe ersetzt und etwa Tücher und andere Textilien zu Bildern geknüllt oder Alltagsstoffe miteinander vernäht, um sie anschließend auf einen Keilrahmen zu spannen. Im Bereich der Skulptur sind die Soft Sculptures von Claes Oldenburg aus den 1960er Jahren wesentlich. Oldenburg hat den zutiefst widersprüchlichen Begriff geprägt und Alltagsobjekte als Stoffhüllen genäht, sie gefüllt, allerdings nie bis zum Bersten prall, so dass sie nicht allein unförmig und in ihrer Form unabgeschlossen sind, sondern vor allem schlaff erscheinen. Da ist Oldenburg natürlich im ästhetischen Diskurs seiner Zeit und mit dabei die Bildhauerei auf den Kopf zu stellen. Dazu gehört auch, Geschlechterstereotype zu unterwandern: Oldenburg schreibt in einem seiner Texte bezüglich seiner Arbeiten von „medikamenteninduzierten Impotenz“. Für eine kunstgeschichtliche Betrachtung des Textilen durfte in unserer Ausstellung auch die sogenannte Fiber Art der 1960er und 1970er Jahre in unserer Ausstellung nicht fehlen. Es handelt sich um eine Entwicklung, bei der die Arbeiten von Künstlerinnen und Künstlern, die das textile Handwerk zumeist an Hochschulen für Gestaltung erlernt haben und äußerst selbstbewusst, teils monumental Raum ergreifen. Wir haben ein ganz wundervolles großes Werk von der Grande Dame der Fiber Art Magdalena Abakanowicz. 

Neben diesen stärker auf die Materialästhetik gerichteten Schwerpunkten, die immer auch die Gattungsgrenzen austesten und erweitern, gibt es Einzelpositionen, die besonders eindrücklich einige der vielen verschiedenen Bedeutungen des Textilen befragen. Und die zeigen, warum das Textile heute nicht allein interessant, sondern inhaltlich virulent ist. Da geht es um Fragen der Produktion hinsichtlich der Abhängigkeitsverhältnisse, um koloniale Ausbeutungs- und Gewaltstrukturen. Es geht um ökologische und konsumkritische Aspekte. Positionen wie Marion Baruch, Yinka Shonibare oder Michelangelo Pistoletto reflektieren diese Themen. Ein anderes großes Feld haben wir schon angesprochen: die Gleichsetzung des Textilen mit dem Weiblichen. Neben dem Material und seiner handwerklichen Gestaltung geht es da natürlich auch um die Frage des Körpers, seine politische und erotische Selbstbestimmung innerhalb verschiedener kultureller Kontexte. Die kurdischstämmige Mehtap Baydu, Farzane Vaziritabar aus der Iranischen Republik, Kresiah Mukwazhi aus Simbabwe und Anna Eisermann, die auf der Krim aufgewachsen ist, sind Künstlerinnen, die stark ihre Herkunft und die gesellschaftlichen Zuschreibungen an sie als Frauen thematisieren. Es geht um patriarchale Strukturen, die Erfahrung gesellschaftlicher Gewalt, aber auch das Erheben der eigenen Stimme, die Rückeroberung der eigenen Erotik. Mehtap Baydu strickt in einer Videoperformance um ihren entblößten Leib einen Kokon aus dem Stoff zerrissener Oberhemden, die ihr zuvor von Männern geschenkt wurden, die sie aus ihrem Alltag kennt. Die getragenen, ungewaschenen Kleidungsstücke werden für die Künstlerin zu einer schützenden wie verbergenden Hülle, was ein sehr starkes Bild Chancen und Begrenzungen einer Gemeinschaft ist. Auch die Kopftücher in Farzane Vaziritabars Arbeit One of Many sind Geschenke. Die Tücher wurden allesamt von Frauen getragen, was für Vaziritabar ungemein wichtig ist. Denn ihre Geste, die Tücher auf Stickrahmen zu spannen und sie mit dem eigenen Antlitz zu bedrucken, wird von der Künstlerin nicht als Negation des Kopftuchtragens verstanden, sondern als Plädoyer für eine Entscheidungsfreiheit, die aktuell mit größter Brutalität unterbunden wird. Von der sexuellen Gewalt bis hin zum Femizid handeln die Arbeiten von Kresiah Mukwazhi, bei denen Stofffetzen und -fragmente sprechend sind. In Mukwazhis Arbeiten ist aber immer auch das selbstbewusste Besitzergreifen der eigenen Sexualität ein Thema. Diese Positionen sind konzeptuell und formal unheimlich stark. Sie sind aber auch deshalb enorm wichtig, weil wir als Ausstellungsmachende in der Verantwortung stehen unseren Blick über die westeuropäische Kunstgeschichte hinaus zu weiten oder aufzusprengen und anderen Kunstgeschichten Raum zu geben. 

Nevin Aladag, M 99

Eckhard Fürlus: Nächste Frage. Gab es hinsichtlich der Zeitlichkeit bzw. des Zeitrahmens in die Vergangenheit, gab es da eine Beschränkung? Haben Sie sich gesagt: Wir gehen bis in die Zwanziger Jahre oder eventuell noch in die Zehner Jahre, aber dann nicht weiter?

Kristin Schrader: Da beide Häuser, das Heilbronner wie das Emder, sich programmatisch auf die Kunst der Gegenwart wie der Klassischen Moderne konzentrieren, lag es sehr nahe, mit dem Bauhaus, also dem Jahr 1919 zu starten. In Bezug auf die politische Dimension hätten wir natürlich auch im 19. Jahrhundert ansetzen können, etwa mit der Arts & Crafts-Bewegung als bewusster Setzung gegen die durch die Textilindustrie in Gang gesetzte Industrielle Revolution. Arbeitsbedingungen, koloniale und postkoloniale Gewalt- und Ausbeutungsstrukturen, all dies wird von den Künstlerinnen und Künstlern ja thematisiert. Yinka Shonibare tut dies etwa, indem er sich dem sogenannten Dutch Wax mit seiner komplexen Geschichte widmet. Auf der Text- und Vermittlungsebene thematisieren wir diesen sehr wichtigen kulturhistorischen Bezug, aber nicht auf der Ebene der Exponate. Das hätte leider den Rahmen der Ausstellung gesprengt. Die „Textil & Kunst“-Ausstellung des Kunstmuseum Wolfsburg, die unter Markus Brüderlin, dem verstorbenen Direktor, entstanden ist, hatte einen großen kulturtheoretischen Fokus, der Verbindungslinien zur Kunst der Moderne und Gegenwart aufgezeigt hat. Das ist natürlich ein Traum, neben eine Arbeit von Anni Albers eine Weberei aus Peru zu legen.

Eckhard Fürlus: Ja, das ist eine ganz große Herausforderung. Da braucht man wahrscheinlich auch eine sehr, sehr lange Vorlaufzeit dafür. Bei Markus Brüderlin fällt mir die Japanausstellung von 2013 ein, in der er die Kultur Japans und ihren Einfluss auf abendländische Positionen thematisiert hat.

Timm Ulrichs, fadenscheinig, 1968

[…] wird zum Beispiel deutlich, dass das Textile den Menschen weit über das rein Funktionale hinaus begleitet, nämlich als Lebensmetapher.
— Kristin Schrader

Kristin Schrader: Was wir zumindest haben, ist ein kleiner Exkurs durch zeitgenössische Arbeiten, die auf die Antike Bezug nehmen. An Timm Ulrichs fadenscheinig (ich bin der rote Faden, / an dem ich hänge) von 1968 wird zum Beispiel deutlich, dass das Textile den Menschen weit über das rein Funktionale hinaus begleitet, nämlich als Lebensmetapher. Unsere Redewendungen, wie die vom seidenen Faden etwa, lassen sich auf die mythologische Vorstellung der Schicksalsgöttinnen, die den Lebensfaden spinnen, bemessen und schneiden und der antiken Vorstellung zufolge unser Leben vorherbestimmen, zurückführen. 

Eckhard Fürlus: Was sind denn hinsichtlich der restauratorischen und kuratorischen Aspekte die größten Herausforderungen? Kann man die benennen?

Kristin Schrader: Textil ist enorm empfindlich. Von der Beleuchtung handhabt man es wie Grafik und Fotografie und zeigt es in relativ schummrigen Lichtverhältnissen. Wir haben deshalb die Inszenierung der vielen unterschiedlichen Kunstwerke durch die Wandgestaltung mit Farbe verklammert. Jedes Kapitel der Ausstellung hat einen aus einem der Werke entnommenen Farbton erhalten. Die Räume wurden aber nur teilweise und stets mit einem diagonalen Abschluss gestrichen. Das ist ein relativ dominantes gestalterisches Element, das die verschiedenen inhaltlichen Ausrichtungen der Kapitel zusammenbindet und auch die räumliche Situation bei uns im Haus. Durch ihre verschiedenen Bauphasen zeichnet sich die Kunsthalle Emden ja durch einen wahrlich labyrinthischen Rundgang aus, bei dem große, hohe Säle und kleine, niedrige Räumen sich abwechseln. Von der Architektur her ist es immer eine Herausforderung, die jeweilige Ausstellung darin einzupassen. Die Ausstellung hat bei uns so auch eine andere Kapiteleinteilung und -abfolge als in Heilbronn, wo es zwei hallenartige Obergeschosse und ein kleinteiligeres Erdgeschoss gibt. 

Worauf beide Stationen aber viel Wert gelegt haben, ist den Werken jeweils genügend Raum zu geben. Da spielt die Sicherheit der Werke natürlich eine große Rolle, daneben aber auch das Besuchserlebnis. Denn gerade plastische Arbeiten sollen ja allseitig ansichtig und sinnlich erfahrbar sein. Dass man nah herantreten kann an die meisten der nicht verglasten Arbeiten und einige sogar olfaktorisch erfährt, macht diese Ausstellung noch einmal ganz besonders.

Jens Risch, Seidenstück VI , 27.11.2015–12.01.2017

Eckhard Fürlus: Zum Schluss eine sehr persönliche Frage: Haben Sie Favoritinnen oder Favoriten unter den Künstlerinnen und Künstlern in der Ausstellung? Welche Arbeiten liegen Ihnen besonders am Herzen?

Kristin Schrader: Also zunächst mal ist es immer sehr beglückend, wenn man nach der langen Phase der inhaltlichen und organisatorischen Vorbereitung den Kunstwerken im Aufbau ganz nahe kommt. Man hat sich ja für jedes einzelne in der Vorbereitung entschieden, ist also von allen begeistert und freut sich, sie zeigen zu dürfen. Und sie selbst zu inszenieren, schafft dann noch einmal eine besondere Form der Nähe. Also insofern kann ich Ihre Frage gar nicht beantworten (lacht). 

Aber es gibt tatsächlich Arbeiten, bei denen Textilien direkt aus Lebenszusammenhängen entnommen sind. Sie stellen also eine wirkliche Verbindung zu diesen her. Die Gesten und Handlungen, die Künstlerinnen und Künstler mit ihnen vollziehen, sind von einer schlagenden transformierenden und gleichzeitig eingängigen Kraft. One Month in Dallas von Reinhold Engberding ist eine solche Arbeit. Über einen Monat hinweg hat Engberding Kleidungsstücke im öffentlichen Raum aufgelesen, mit nach Hause genommen, dort gewaschen, getrocknet und zu festen Bündeln geschnürt. Selbst in diesem Zustand verlieren die Textilien nichts von ihrer Fähigkeit zu beunruhigen, denn jedes draußen liegengelassene Kleidungsstück verweist auf einen Menschen, dem es einst gehörte und der es vielleicht unfreiwillig oder aus großer Not heraus verloren hat. Die Fürsorge und Achtsamkeit dieser Arbeit berühren mich sehr.

Eckhard Fürlus: Frau Schrader, vielen Dank für das Gespräch.

Dr. Eckhard Fürlus, geboren in Jever, Friesland. Studium der Philosophie und der Theologie an der Freien Universität, der Technischen Universität und der Kirchlichen Hochschule in Berlin. Mitarbeiter der Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz SMPK, des Deutschen Akademischen Austauschdienstes DAAD, der Akademie der Künste und des Landesmuseums Berlinische Galerie. Von 1993 bis 2001 wissenschaftlicher Mitarbeiter der Berlinischen Galerie. 2006 künstlerischer/wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Kunsthochschule für Medien zur Assistenz von Prof. Siegfried Zielinski im Bereich Archäologie / Variantologie der Medien; seit 2007 Dozent an der Universität der Künste Berlin (UdK), Institut für zeitbasierte Medien.

TUXAMOON wurde 2009 von UnLtdWorld, England für den BRIC Award in der Kategorie “The Global Impact Award” nominiert.